Spontan entscheiden wir am Rio Muerto (toter Fluss) einen kurzen Stopp einzulegen und die Fischerrute auszuwerfen. Ich schaffe es gerade noch bis zum Ufer zu gelangen da ruft mir Sam zu, dass was gebissen hat. Sam zieht eine grosse Forelle an Land. Wow wir sind überrascht und ein bisschen überfordert. Stolz und überglücklich schwingen wir uns wieder aufs Rad. Mit dem 4-5 Kilo schweren Fisch fliegen wir nur so dahin und erreichen Puerto Rio Tranquillo am späteren Nachmittag. Trotz Feuerverbot bekommen wir die Erlaubnis der netten Campingbesitzerin den Fisch auf dem Feuer zu braten. Der frische Fisch schmeckt super! In einer 6-Gruppe verlassen wir den kleinen Ort und fahren nur gerade 20 km bis zum ersten Campspot am Lago General Carrera. Voller Hoffnung machen sich die Jungs bereit zum Fischen. Und hopp wieder beisst eine Forelle an Sams Angel. Bon Appetit. Am darauf folgenden Tag gleiches Szenario: fahren, campen, fischen, Festmahl!
Auf den letzten 100 km der Carretera Austral kommt die Wildnis Patagoniens am besten zur Geltung. Wir geniessen die quasi Autofreiezone. Die nur mit Fähre zugängliche Strasse führt entlang breiter Flüssen, Wasserfällen, blauen Seen und weiss schimmernden Gletschern. Adler gleiten über unseren Köpfen dahin, die Atmosphäre ist mystisch. Vincente ein einsamer alter Mann lädt uns in seine bescheidene Hütte ein. Er freut sich über die Gesellschaft in seiner "Stube" am offenen Feuer. Der vom Leben gezeichnete Mann wählte die Abgeschiedenheit. Mit dem Land das er besitzt hat er noch viel vor. Er will Tiere kaufen und andere Investitionen tätigen. Aber dazu braucht er Hilfe und Gesellschaft betont er bewusst.
Knapp einen Monat verbrachten wir auf der Carretera Austral in Chile. Die Strasse wurde im Auftrag von Dikator Pinochet gebaut und ist heute die wichtigste Verbindung von Norden nach Süden. Die guten Versorgungsmöglichkeiten und die einfache Zugänglichkeit machen die Fahrt durch Chiles Patagonien zu einem Velotraum. Täglich trafen wir auf Fahrradfahrer aus aller Welt. Zum Beispiel: Jean (Frankreich), 68 Jahre alt ist zusammen mit seiner Frau auf einem Tandem unterwegs von Buenos Aires-Ushuaia-Santiago. Noel (USA) fuhr mit seinem Fahrrad bereits von Europa nach China. Auch viele Chilenos wie Carlos mit Sohn und Freund schwingen sich in der Ferienzeit aufs Velo.
Ohh Gletscher O'Higgins
Kurz vor der argentinischen Grenze erstreckt sich auf dem riesigen Gletscherfeld Campo Hielo Sur der O'Higgins Gletscher. Der nur mit dem Boot zugängliche Gletscher erstreckt sich auf über 2 km breit in den O'Higgins See. Wir verlassen Villa O'Higgins mit dem Boot. Auf Seekrankheit nicht gefasst, stürzte ich mich ins Unglück. Eine Stunde lang schaukelte das Boot über die raue See. Etwas bleich im Gesicht aber wieder gefasst, lasse ich die riesige Gletscherwand auf mich wirken. Das die Rückfahrt noch schlimmer wird, wusste ich zu diesem Zeitpunkt nicht. Nach über sechs Stunden konnte ich auf argentinischem Boden mit weichen Knien das Schiff endlich verlassen. Mit Blick über den See, in guter Gesellschaft und mit der zurückgefundenen Farbe im Gesicht lassen wir den Abend gemütlich auf dem kleinen Campingplatz ausklingen.
posted @ km 24'234
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